eigentlich bietet die globale situation einen anlass zum feieren. der kapitalismus hat sich weltweit durchgesetzt. vom ölmagnaten in amerika bis zum reisbauern in vietnam sind sich endlich alle einig, dass man die menschliche existenz als wirtschaftsprodukt darstellen kann: ist es möglich die zur verfügung stehende lebenszeit so zu nutzen, dass mehr verdient wird, als die eigenen existenz kostet, so gilt der akteur als erfolgreich und kann sich zur der transnationalen gemeinschaft der gewinner zählen. alles und jeder kann sich an seinem erfolg messen lassen, seien es schulen, die kunst, das gesundheitssystem oder das wachstum der pflanzen. überall gibt es listen, die aufkunft geben auf welchen platz der akteur im vergleich zu seinem konkurrenten getreten ist. es scheint fast so als wäre endlich eine globale ordnung gefunden.
bedauerlicherweise wird an diesem historischen punkt aber nicht der weltwohlstandstag ausgerufen, sondern es greift mit untrügerischer klarheit die erkenntnis um sich, dass wir mit hochdruck und inteligenz an unserer selbstzerstörung arbeiten. da unsere wirtschaftsindizes (börsen-index, bruttoinlandsprodukt, inflationsrate...) auch die beseitigung von umwelt- und gesundheitsschäden als wachstum ausweisen, zeigen diese noch immer auf gewinn, abschon deutlich ist, dass unser steben mit der erfolgreichen ausrottung der spezies mensch gekrönt sein wird.
die herausforderung ist daher gigantisch: zur lösung unserer globalen probleme wird es keine erfolgreiche strategie geben können, da sowohl das streben nach erfolg, wie rational gesteuertes vorgehen überhaupt die ursachen unserer misere sind.
in den vier kapiteln der basisdialoge beschreibe ich unser aller persönlichkeitsmodell als kleinstes unbewusstes gestaltungsmodul. um das ganze repertoire menschlichen strebens aufzeigen zu können, differenziere ich zwischen den begriffen wohlstand und reichtum. danach ist wohlstand, was jeder für sich selbst erwirtschaftet und zur kompensation eigener existenzängste aufwenden kann. reichtum hingegen ist die fähigkeit die geschenke der existenz zu teilen und zu geniessen. dauerhaft betriebener wohlstand isoliert, frustriert und macht krank. reichtum verbindet und macht glücklich. einmal bei der frage nach den begingungen für glück angelangt, widme ich das erste kapitel der tieferen existenz des paradieses. mein blick richtet sich jedoch weder auf religiöse noch auf geschichtliche faktoren, sondern sucht den ort der verlorenen glückseeligkeit in der konstruktion der menschlichen persönlichkeit. bei der beschreibung paradiesischer qualitäten stosse ich auf die kunst als sprachform aller kulturen, wenn es darum geht, erfahrungen mit dem jenseits unseres bewusstseins zu materialisieren.
das zweite kapitel untersucht die entstehung des persönlichkeitsmodells anhand einzelner entwicklungsbedingter prozesse. konkret werden elementarste entwicklungsstufen beschrieben, die das spätere kommunikationsverhalten prägen. dabei habe ich auf die umfangreiche arbeit von jean piaget zurückgegriffen, der sehr detailierte den entwicklungsprozess von kindern beschrieben hat. während die entwicklungspsychologie die bildung der persönlichkeit an einem unidirektionalen entwicklungspfad eines zugewinns an differenzierung und erkenntnis festmacht, füge ich diesem modell ein pendant hinzu, das einen parallelen, schrittweisen verlust von ganzheit aufzeigt. aus der fortschrittsbetonten sicht der entwicklungspsychologie wird ein ganzheitlicher blick auf die reifung des menschen. es kann aufgezeigt werden, dass jeder entwicklungsschritt stufenartig erfolgt, indem ein zugewinn an erkenntnis einem verlust an ganzheit geschuldet ist. beide qualitäten zusammenbetrachtet drücken sich im begriff basisdialoge aus. damit wird das verlorene paradies zu einer metapher für eine biologisch bedingte verlust- und gewinnsituation.
im dritten kapitel geht es um kunst. auf der einen ebene beleuchte ich die frage, wie es sein kann, dass ein kulturphänomen wie kunst die gesamte entwicklungsgeschichte des menschen begleitet hat, ohne dass wir heute sagen könnten, welche bedeutung kunst für unseren gesellschaftlichen bereich überhaupt hat. auf der anderen ebene geht es um individuelle kunsterfahrung mittels intuition und über den erlebnissfaktor betroffenheit. im mittelpunkt der betrachtung steht das sehr tiefe kommunikationsrepertoire von kunstwerken, das weit über die formalästhetischen aspekt hinausgeht und den blick für eine epochenübergreifende sprache eröffnet. erstaunlicherweise lassen sich die gleichen basisdialoge in kunstwerken auffinden, wie sie in den entwicklunsprozessen der persönlichkeitsbildung beschreibbar waren. waren die basisdialoge konkrete spuren für das verlorenen paradies, so wird kunst zur sprache der wiederauffindbaren ganzheit. an vier beispielen zwischen moderne und barock wird dies exemplarisch ausgeführt. die kulturtechnik, die dazu angewandt wird, beschreibt der neue begriff innocentation. er beschreibt eine tätigkeit, die in die entgegengesetzte richtung der erkenntnis wirkt, nämlich in rückerlangung von naivität.
im vierten kapitel wird resümiert. der vertiefte blick in persönlichkeitsstruktur des menschen lässt die unzulänglichkeit rationalen handelns bewusst werden. was auf dem biologisch gesteuerten entwicklungspfad hin zur erkenntnis verloren geht, ist das universelle bewusstsein als ausdruck sinnspendender ganzheit. über die kunst und die innocentation wird ein weg aufgezeigt, der es uns ermöglicht den abgespaltenen, prärationalen erfahrungsschatz zu reintegrieren. aus der abspaltung befreit, wird das paradies zu einem öffentlich ausgewiesenem ort in unserer persönlichkeit.
stellt sich die situation, des nach wohlstand strebenden menschen heute als selbstvernichtend dar, so drückt sich darin das abgespaltenen bewusstsein aus, das die innere ganzheit verloren hat und sich in seiner existenz bedroht fühlt. aber nicht rationales handeln und strategien können diese existenzangst aufheben, sondern die wiedererlangte glücksseeligkeit. aus der vollumfänglichen existenz heraus, wäre es möglich, sich endlich dem reichtum dieser erde zuzuwenden, anstatt diese im streben nach wohlstand zu zerstören.
ausser philosophischem bietet das werk auch lyrisches, zum beispiel dieses:
vergass ich worte,
vergass ich sinn.
umhüllt mich regen,
steh ich mitten drin.